Sobald sich StartUps dazu entschließen, Fremdkapital von Investoren einzusammeln, müssen sie sich eher früher als später mit der Frage der eigenen Unternehmensbewertung auseinandersetzen. Zum Thema Unternehmensbewertung gibt es am Markt eine Vielzahl von Meinungen, Strategien und Empfehlungen und letztlich ist die Sichtweise entscheidend dafür, wie dieser wichtige Meilenstein von den einzelnen Beteiligten wahrgenommen wird. Auch die aktuelle Marktsituation auf den Kapital- und Finanzmärkten spielt eine wichtige Rolle dabei, wo die Gemeinsamkeiten für einen Deal zu finden sind und wie leicht es für StartUps ist, Investoren von einem Investment in ihr Unternehmen zu überzeugen.
Gerade in der Anfangsphase sehen sich StartUps oft mit einem Finanzbedarf konfrontiert, der mit dem Kapital der Gründer allein nicht gedeckt bzw. getragen werden kann. Um diese Lücke zu decken, müssen oft erhebliche Unternehmensanteile zu einer noch relativ niedrigen Unternehmensbewertung an neue Investoren abgegeben werden. Hinzu kommt, dass die Bewertung eines sehr jungen Unternehmens mit wenig historischen Daten zu Umsatz und Kosten oft recht schwierig ist. Unserer Erfahrung nach vermeiden es viele StartUps in dieser Situation, ihr eigenes Unternehmen mit dedizierten Methoden zu bewerten und versuchen in vielen Fällen (manchmal auf Empfehlung ihrer Berater), die Bewertung durch ein Bieterverfahren der Investoren zu ermitteln. Oft spielt dabei auch die Angst der Gründer eine Rolle, Unternehmensanteile unter Wert zu verkaufen und die eigenen Stimmrechte frühzeitig zu stark zu verwässern. Aus Sicht der meisten Investoren stellt dieser Ansatz aus verschiedenen Gründen keine risikoadäquate Lösung dar. Ausnahmen von dieser Sichtweise finden sich bei einigen größeren Risikokapitalfonds.
Außerdem gliedern die meisten Investoren ihren Dealflow in Investitionsphasen, und eine Bewertungsspanne für StartUps in der Frühphase hilft dabei, passende Investitionsmöglichkeiten für beide Seiten zu identifizieren. Daher ist es nicht wichtig, eine endgültige Bewertung zu haben, wenn man zum ersten Mal auf Investoren zugeht, aber es hilft dem Investor enorm, die Gelegenheit im Rahmen seiner Investitionsstrategie einzuordnen. Für Gründer ist es hilfreich, bei der Ermittlung der eigenen Bewertungsspanne mehrere unterschiedliche Methoden zur Bewertung des eigenen Unternehmens anzuwenden. So kann in späteren Verhandlungen mit Investoren ein umfassendes Bild für die Spanne gezeichnet werden.
An dieser Stelle möchten wir einige Argumente sammeln, warum StartUps mit einer nachvollziehbaren Bewertung oder Bewertungsspanne des eigenen Unternehmens an Investoren herantreten sollten:
Die Kompetenz des Gründerteams wird vom Investor hervorgehoben oder als fehlend vorausgesetzt.
Mit einer umfassenden und transparenten Unternehmensbewertung oder einer Bewertungsspanne an Investoren heranzutreten, unterstreicht die Kompetenz des Gründers, sich konstruktiv mit dem eigenen Financial Case auseinandergesetzt zu haben. Was im ersten Moment logisch klingt, ist leider viel zu selten der Fall. Häufig werden Investoren Financial Cases und Bewertungen von Early-Stage StartUps vorgelegt, die mit den gängigen Bewertungsmethoden absolut unvereinbar und nicht nachvollziehbar sind. Die Ergebnisse variieren sehr stark. Das Finanzmodell schlägt entweder ein Vielfaches der herangezogenen Bewertung vor oder bleibt dauerhaft unterhalb der Gewinnzone. In den meisten Fällen handelt es sich nicht um kleine Abweichungen bei den Risikoprämien oder -abschlägen, sondern die kommunizierte Bewertungsspanne steht in keinem logischen Zusammenhang mit den vorgelegten Zahlen.
In solchen Fällen ist es aus Sicht des Investors schwierig, dem Management die notwendigen finanziellen Kompetenzen zuzusprechen und ihm das Kapital des Investors anzuvertrauen. Zudem stehen die bestehenden Investoren nicht immer zur Verfügung, um diese fehlenden Kompetenzen auszugleichen und unterstützen oft nur punktuell. Gerade in Folgefinanzierungsrunden mit potenziellen neuen Investoren muss das Gründerteam auf Augenhöhe verhandeln und die gemeinsamen Interessen des Unternehmens vertreten können, um die Akquisition von weiterem Kapital sicherzustellen. Gerade in Bieterverfahren und Verhandlungen geraten die Gründer ohne fundierte Kenntnisse des eigenen Financial Cases und der daraus resultierenden Performance in eine wenig überzeugende Zwickmühle.
Vorbereitete Gründerteams hingegen heben sich an dieser Stelle von der Masse ab.
Zeit
Für viele professionelle Investoren sind die Unternehmensbewertung und die Ticketgröße ein Auswahlkriterium für ihre eigenen Transaktionen. Die Frage der Bewertung muss früher oder später verhandelt werden, und ein Bieterverfahren oder eine fehlende Unternehmensbewertung verzögert diesen Prozess meist unnötig. An diesem Punkt verlieren nicht nur Investoren wertvolle Zeit. Auch auf der StartUp-Seite kann der Prozess zu existenzbedrohenden Ergebnissen führen, indem sich der Finanzierungsprozess bei zu kurzer Vorlaufzeit zu lange hinzieht. Gerade in der aktuellen Marktsituation ist dies oft der Fall.
Nebenbei bemerkt: Ein seriöses Angebot von Seiten des Investors sollte auch auf einer Spanne beruhen, und zwar in einem frühen Stadium nach Prüfung der ersten Unterlagen. Konkret kann ein Investor eine endgültige Unternehmensbewertung erst dann abgeben, wenn er sein Audit/due diligence durchgeführt hat.
Kapitalmarktregeln und Professionalität
Sicherlich ein etwas schwächeres Argument, aber letztlich entscheiden sich die Gründer, das Unternehmen mit Eigenkapital von Dritten zu finanzieren. Sie begeben sich in die gleichen Kapitalmarktregelungen wie reifere Unternehmen und unterliegen daher den gleichen fachlichen Ansprüchen anderer Anspruchsgruppen, z.B. staatlicher Stellen wie der Finanzämter. Eine plausible Unternehmensbewertung schützt beide Parteien vor steuerlichen Aspekten.
Entscheidend ist das Signal der Gründer, sich mit der Bewertungsfrage und der damit verbundenen Kompetenz entsprechend auseinandergesetzt zu haben und an einer fairen Preisfindung interessiert zu sein. Diskussionen über die Höhe der einzelnen Risikozuschläge oder -abschläge sind in der Regel nachrangig.
Wir empfehlen Gründern, sich immer mit mehreren unterschiedlichen Bewertungsmethoden und Unternehmenswerten auseinanderzusetzen. Dadurch erhält das Gründerteam ein ganzheitliches Bild über die Bewertungsbandbreite des eigenen Unternehmens. Die Betrachtung verschiedener Szenarien (Management, Worst, Best) kann sich auch in späteren Gesprächen mit Investoren als hilfreich erweisen.
Auf einschlägigen Websites finden Sie bereits umfangreiche Anleitungen zur Anwendung der verschiedenen Bewertungsmethoden. In unseren Blogeinträgen zu den verschiedenen Bewertungsmethoden finden Sie einige Aspekte der jeweiligen Bewertungsmodelle.
Wenn Sie Hilfe bei den Bewertungsmethoden für Ihr Startup benötigen, kontaktieren Sie uns oder kommen Sie zu unserer kostenlosen StartUp-Beratung.